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Raumschiff Marzahn

24/08/2015 — 10/08/2016

AAArchitecture #10: Ein Architektur- und Kunstprojekt künstlerischer Bildung

Künstlerinnen: Camilla M. Feher & Chryssa Tsampazi, Sonja Gerdes und Emma Haugh; Konzept und Projektleitung: Janine Halka
31. Oktober 2015, 30. März, 19. April 2016

Nicht das Wirkliche, sondern das Mögliche ist das Wesen des Urbanen.
Manfred Russo, derive 61, 2015

Raumschiff Marzahn ist ein künstlerisches Bildungsprojekt zur Erforschung städtischer Transformationsräume. Den öffentlichen Raum als Lernort und Narrationsmaschine fokussierend untersuchen Künstlerinnen und Kinder aus Marzahn die Architektur der Großraumsiedlung Marzahn-Hellersdorf. In der Verschränkung von Performance, Musik Skulptur und Fotografie liegt der Fokus auf der Auseinandersetzung mit der spezifischen Bausweise der „sozialistischen Stadt“. Marzahn als futuristisches Projekt – konzipiert als eine neue Siedlung für „neue“ Menschen – ist dabei gleichzeitig konkreter Schauplatz städtischer Transformation und real-fiktionaler Stadtraum.

Mithilfe unterschiedlicher künstlerischer Praxen eigen sich die Kinder die Satellitenstadt als Ausgangspunkt für eigene futuristische Erzählungen und performativer Neuordnungen an. In konzentrierten sinnlich-ästhetischen Expeditionen, Forschungsepisoden, Archivarbeit und Workshops erschließen sie sich ihre Umgebung aus dem Blickwinkel der Zukunft. Historische und gegenwärtige Visionen materialisieren sich in spezifischen Architekturen, von denen sie  Geschichte(n), Klänge und Formen sammeln.  Im Prozess werden die Teilnehmer*innen zu jungen Stadtforscher*innen und Ingenieur*innen ihrer eigenen urbanen Utopien.
Raumschiff Marzahn ist ein Projekt von District Berlin im Rahmen der Reihe AAArchitectureIn Kooperation mit der Jugendfreizeiteinrichtung FAIR und der Grundschule an der Geißenweide, gefördert durch das Programm Künste Öffnen Welten der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. (BKJ).

 

KOSMONAUTENKONZERT 
Parcours Performance
Raumschiff Marzahn I 

Camilla M. Feher & Chryssa Tsampazi

Arbeitszeitraum: August-Oktober 2015

Aufführung
31.Oktober 2015, 16 h
Ort: Bitte versammeln Sie sich am Kaugummiautomaten vor der S-Bahnstation Raoul-Wallenberg-Straße zu einem kosmischen Publikum.

Auf den Spuren der Kosmonaut*innen von einst erkunden Schüler*innen der Grundschule an der Geißenweide gemeinsam mit den Künstler*innen Camilla M.Feher und Chryssa Tsampazi die Satellitenstadt Marzahn. Mit Klang- und Bewegungsinstrumenten erforschen sie die kosmischen Strukturen der Plattenbauten, Gebäude und öffentlichen Architekturen. Während sie die in den Bauten gespeicherten Zukunftsvisionen auslotet, stößt die akustische Expedition auf eine Weltraumstation und Teile eines Raumschiffs. Das historische Weltraumvehikel ist heute unter dem Namen S-Bahn Station Raoul-Wallenberg Straße und als ehemaliger Verkehrsknotenpunkt der Satellitenstadt Marzahn allgemein bekannt. Auf der Basis ihrer Funde entwickelten die jungen Weltraumreisenden eine Konzert-Parcours-Performance, welche die Kosmonaut*innenträume von einer neuen Ordnung der Dinge zum Klingen bringt.

 

ARCHIMONAUTEN

Architekturen für die Zukunft
Raumschiff Marzahn II 

Emma Haugh  

Arbeitszeitraum: Februar–März 2016

Präsentation

Berlin steht unter Wasser und der Hund ist jetzt ein Wolf 
Eine Heft- und Audiopublikation zu Architekturen für ein zukünftiges Marzahner Zentrum

30. März 2016, 15–18 h
Ort: Jugendfreizeiteinrichtung FAIR, Marzahn

Ideen zu idealen Stadt beschäftigen Menschen seit der Antike u.a. in Form utopischer Visionen und konkreter Entwürfe.In Marzahn-Hellersdorf ehemals 9. Stadtbezirk Ostberlins kristallisieren sich in den räumlichen Strukturen vergangene urbane Vorstellungswelten und arcitekturgewordene Wunschbilder von (Stadt-)gesellschaft.  Als Musterprojekt der sozialistischen Stadtplanung auf ehemals freiem Feld errichtet, wurden hier Grundsteine einer neuen Nutzungsintention gelegt: Wohnen. Es entstehen Trabantenstädte, mit elfgeschossigen Wohnscheiben.

Die städtebauliche Grundstruktur sieht eine Gliederung des langgestreckten Stadtteiles entlang der S-Bahn in 3 Wohngebiete vor: Mitte, Nord und Süd, mit jeweils einem gesellschaftlichen Zentrum für die kulturelle und materielle Versorgung und Betreuung der zukünftigen Einwohner*innen. 1983 fasste der Magistrat schließlich den Beschluss zur Errichtung des Zentrums an der Marzahner Promenade, für das im Weiteren ein Architekturwettbewerb ausgerufen wurde, den das Entwurfskollektiv unter Leitung von Wolf-R. Eisentraut gewann.

Der „Meister der individuellen Platte“, wich mit seinen Entwürfen von gängigen, typisierten Formen ab und setzte alternative Konzepte für Plattensysteme zur Disposition, die sich in „Gesellschaftsbauten“ wie dem Freizeitforum Marzahn, dem Rathaus am Helene Weigel Platz oder der Post am Marzahner Tor manifestierten.

Die Konzeptionen und architektonischen Manifestationen als räumliche Ablagerungen von Vorstellungen und Ideologien einer Stadt sind in dem 2. Teil von RAUMSCHIFF MARZAHN  Untersuchungsgegenstand der jungen Archimonauten. Als Architekt*innen aus der Zukunft, folgen sie den Spuren des Architekturprofessors Eisentraut und dessen Entwurfskollektiv.

Gemeinsam mit der Künstlerin Emma Haugh begeben sie sich auf situationistische Streifzüge durch die futuristische Siedlung, unternehmen Konstruktions- und Raumexperimente, sammeln Fundstücke, erkunden Materialien wie historische Karten, Modelle und Zeichnungen. Am Ende entwickeln sie aus ihren psychogeografischen Studien und Entwürfen audio-visuelle Erzählungen und Karten ihrer eigenen Visionen von Zukunftsarchitekturen für Marzahn.

 

AMORPHE UTOPIEN
Raumschiff Marzahn III 

Sonja Gerdes  

Arbeitszeitraum: März–April 2016

Aufführung

19. April 2016, 16 h 
Ort: Schwarzlichttheater der Jugendfreizeiteinrichtung FAIR, Marzahner Promenade 51, Berlin

Im Kontrast zu den Architekturen der Großraumsiedlung Marzahn liegt der Fokus im 3. Teilprojekt auf den utopischen Architekturkonzepten von Archigram und Ant Farm. Beeinflusst von Popkultur und neuen Technologien entwarfen diese beiden Gruppen in den 60er und 70er Jahren visionäre Stadtmodelle und experimentelle Lebensräume.

Anstelle technischer Architekturzeichnungen visualisierten sie ihre Ideen in Pop-Art-Ästhetiken. Fröhliche Menschen, aus Modezeitungen collagiert, belebten urbane Schauplätze und Science-Fiction-Comics. Zeitgleich drückte sich in ihren Konzepten eine Raumfahrteuphorie aus, in der durch technologischen Fortschritt und neue Materialien alles möglich schien. Bewegliche Kapseln, Raumzellen oder Roboter sollten diesen Architekturen der Zukunft ihr Gesicht geben. Archigram entwickelten beispielsweise die Idee der Living City, einer Architektur, die sich wie ein lebendiger Organismus in die schon vorgegebene Stadtarchitektur eingliedern sollte. Viele der entworfenen Gebäude glichen menschlichen Organen, umgewandelt zu raumschiffartigen Kapseln und Modulen, die durch begehbare Schläuche miteinander verbunden waren und als organische Körper in die bereits bestehende gebaute Umwelt hinein wucherten.

Die utopischen Konzepte der Künstler*innenkollektive aufgreifend, tauchen die Teilnehmer*innen von AMORPHE UTOPIEN in eine Phantasie-und Sci-Fi-Welt ein, um gemeinsam mit der Künstlerin Sonja Gerdes eigene potentielle, ephemere Architekturen für Marzahn zu entwickeln. Ausgehend von textilen Materialien modellieren und verwandeln sie Körper und Räume in Abhängigkeit zu spezifischen, individuellen Nutzungsintentionen und eröffnen ein Spannungsfeld zwischen eindeutig definierten Raumcharakteren und amorphen Strukturen, die den Hintergrund für transitorische, wandelbare und neue Lebensräume bilden. Die Realität des Imaginären wird von den Teilnehmer*innen spielerisch erprobt und Architektur zu einem Medium, um Wünsche und Visionen zu Wohnen und Raum zur Disposition zur stellen.

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