Nathalie Mba Bikoro & Anaïs Héraud: Squat Monument

01/12/2015 — 01/11/2016

Installation

Kuratiert von Suza Husse und Andrea Caroline Keppler

Die Posterintervention auf dem Gelände der Malzfabrik ist Teil des fortlaufenden District-Projekts Squat Monument, ein künstlerisches Forschungsprojekt zu den Spuren der deutschen kolonialen und postkolonialen Geschichte in Berlin Tempelhof. Das Projekt lädt dazu ein, diesen Bezirk als eine stadtlandschaftliche Einführung in die verschwundenen Verläufe deutscher Geschichte/n innerhalb der komplexen Identitäten Europas zu lesen. Squat Monument eignet sich Denkmäler an, um aus dem sichtbaren ebenso wie dem unsichtbaren Leben der Nachbarschaft neue Formen der Erinnerung an die über Generationen währenden Migrationsbewegungen zu gestalten.

„Your Ideal Country Would Be A Forest Of Yellow Marble Monuments“

Roque Dalton in Tavern (Conversatorio), 1969

Der Trümmerberg Marienhöhe offenbart erste Mysterien für eine Annäherung: Auf seinem Gipfel steht das Denkmal zur Erinnerung an die Opfer von Krieg und Unterdrückung. Der Stein wurde im Jahre 1954 auf dem Schutt der Geschichte errichtet. Immer wieder wurde das Monument von Graffitis in Besitz genommen und immer wieder wurden sie von seiner Oberfläche entfernt.

Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts wird die Marienhöhe zum Ort migrantischer Archäologien und zum umstrittenen Terrain zwischen lang verwurzelten und nomadischen Gemeinschaften.

Mit der Ansiedlung der Universum Film AG  (UFA) in der Oberlandstraße um 1925 entwickelt sich die Gegend zur Produktionsstätte, an der das (Selbst-)Verständnis ‚Deutschlands im Medium Film neu erfunden wird. Als politische Instrumente nutzen Propagandafilme – wie etwa die teilweise auf der Marienhöhe gefilmten Die Reiter von Deutsch-Ostafrika (1934) oder Carl Peters (1941) – die Magie des Kinos ebenso wie die Körper und die Arbeit der afrikanischen Bevölkerung, um die ersten Bilder des deutschen Kolonialafrika zu erzeugen.

In der Umgebung gelegenen Teilestraße stellt die Firma Sarotti unter dem Logo des afrikanischen Mohrs von 1918 bis 1991 Schokolade her: Das kommerzielle Bild der Exotik bedient über lange Zeit den deutschen Geschmack und die nostalgisch politische Haltung Deutschlands gegenüber seinen Kolonien.

Der langsam vergilbende Marmor des zwischen 1937 und 1941 errichteten Tempelhofer Flughafens trägt die Schichten der erzählten und unerzählten Vergangenheiten. Heute werden tausende von Menschen, die vor Krieg und Armut Zuflucht suchen, in dem monumentalen Gebäude unter den kritischen Bedingungen dessen untergebracht, was sich zu einem der größten Geflüchtetenlager innerhalb der EU entwickelt.

NATHALIE MBA BIKORO und ANAÏS HÉRAUD sind Atelierstipendiatinnen bei District. Ihr Projekt Squat Monument entwickeln sie in Zusamenarbeit mit dem District-Team.