Nathalie Anguezomo Mba Bikoro & Anaïs Héraud – 2015, II
Die künstlerische Praxis von Nathalie Anguezomo Mba Bikoro (*1985, Gabun) und Anaïs Héraud (*1988, Frankreich) bewegt sich zwischen Performance und politisch sowie sozial engagierter Kollaboration, die einen langfristigen Dialog durch künstlerische Forschung und Bildung anstrebt
Nathalie Anguezomo Mba Bikoro beschäftigt sich in ihren oftmals communitybasierten Projekten mit gesammelten Narrativen zu Themen wie Identität, Erinnerung, Dialog, Geschichte und Vielsprachigkeit (Forbidden Histories Score, Future Monuments, 2015). Durch ihre Erfahrung der inter- und transkontinentalen Migration hat Bikoro eine besondere Sensibilität für grenzüberschreitende Interkulturalität und die Pluralität von Sprache. Diese untersucht sie, um sie zu dekonstruieren und Mythologien der Vergangenheit und Gegenwart neu zu konstruieren. Dabei greift sie auf multiple Formen der Medienproduktion sowie auf Interventionen im öffentlichen Raum zurück. Als Doktorandin der HU Berlin und der Greenwich University London arbeitet sie zu Dekolonialem Kannibalismus (Decolonial Cannibalism) und der Ökologie der Dunkelheit in Afrikanischen Narrativen (Ecology of Darkness in African Narratives).
Anais Héraud, die in in Nancy und Brüssel Bildende Kunst mit dem Schwerpunkt Malerei und Performancekunst studierte, zielt in ihren Arbeiten auf Vermittlung und Wissenstransfer. Ihre Performances untersuchen die Dimensionen von Klang und Wort, von Stimme und Oralität im Verhältnis von Bild und Raum (Ritournelle Performances, 2015) oder das komplexe Verhältnis von Sprache und Körper im Kontext von sozialem und politischem Aktivismus (Pulsión – Presión – Compulsion – Attaque, 2013-2014). In ihrer Arbeit A Space made for Giants (2014) beschäftigt sie sich mit in sozialistische Architektur eingeschriebene Körperkonzepte und dieser inhärenten Fragen der Sicht- und Unsichtbarkeit. Das von ihr mitinitiierte interdisziplinäre und internationale Performancekollektiv Dealing with Normative Gaze Collective erkundet gegenderte Wahrnehmungen von Performancekunst als auch deren Rezeption.
Bisher haben sie gemeinsam u.a. im Künstlerinnenkollektiv Dealing with the Normative Gaze in Performance Art (NGinPA) zusammengearbeitet und Projekte für den Month of Performance Art Berlin kuratiert. In ihrem Projekt Squat Monument: Your Ideal Country Would Be A Forest Of Yellow Marble Monuments(2015-2016) wagen sie eine postkoloniale Neubetrachtung der Berliner Trümmerberge. Im Rahmen einer archäologischen Intervention werden sie Erfahrungsfragmente, Stimmen und Erinnerungen verschiedener Diasporen zu einer virtuellen Landkarte der ungeschriebenen Geschichte neu verknüpfen, um dominante Diskurse über Heimat, Identität und Zugehörigkeit sowie bestehende Machtverhältnisse aufzuweichen und ihnen nicht-lineare, subkulturelle und authentische Erzählungen gegenüberzustellen. Wie Sedimente lagern sich so die verschiedenen Fragmente auf- und übereinander, wachsen zu einem metaphorischen Trümmerberg. Es entstehen transindividuelle, multiple, verwobene Geschichten, die physisch erfahrbar werden und in ihrer Prozessualität an der Grenze zwischen Faktum und Mythos oszillieren. Dieses Ephemere der Performances soll außerdem während der Zeit des Atelierstipendiums verschriftlicht und Teil des Archivs werden.
Nathalie Anguezomo Mba Bikoro ist Direktorin des DNA Arts Zentrums in Gabun und Kuratorin von LAB Encounters Biennale, Senegal. Ihre Werke waren unter anderem auf der Dakar Biennale (2012), dem National Museum of African Art – Smithsonian Institute, Washington DC (2013), bei Tiwani Contemporary, London (2012) und in den Pan African Galleries, Bilbao (2014) zu sehen.
Anaïs Héraud ist u.a. Ko-Kuratorin der Reihe Reflektor (seit 2013). Ihre Arbeiten hat sie unter anderem in der Saari Residency in Finnland (2015), im Funkhaus Berlin (2014), im Centro Cultural Santa Cruz, Bolivien (2014) sowie in Hitparaden Live Art Kopenhagen (2013) realisiert. Darüber hinaus engagiert sie sich im edukativen Bereich und gibt Workshops bei Non-Profit-Organisationen.