(Dis)Playing Paper – Hours and Constellations #1

31/01/2013 — 25/05/2013

(Dis)Playing Paper - Hours and Constellations #1, Ausstellung, 2013, Photo: Hans-Georg Gaul.

(Dis)Playing Paper - Hours and Constellations #1, Ausstellung, 2013, Photo: Hans-Georg Gaul.

(Dis)Playing Paper - Hours and Constellations #1, Ausstellung, 2013, Photo: Hans-Georg Gaul.

Achim Lengerer/Scriptings

Proben zu P.W./Dokumente und Fußnoten

Das selten gespielte und heute fast vergesse Stück Trotzki im Exil des Autors P.W. führte schon während der Proben und vor der eigentlichen Uraufführung zu Auseinandersetzung in beiden Teilen Deutschlands. Der in der DDR bis dahin zum Theaterrepertoire zählende und vielfach aufgeführte P.W. wird zur Persona non grata erklärt. Im Westen wird er von der Presse belächelt, man wirft ihm bourgeoisen Schreibtischmarxismus vor. Die Düsseldorfer Generalprobe des Stückes wird im Januar 1970 von einer Gruppe linker Studenten gestürmt, die Probe muss abgebrochen werden.

Die sich in den Briefwechseln, Presseartikeln, Tagebucheintragungen und Überwachungsberichten darstellende gesellschaftshistorische Symptomatik einer geteilten Welt sowie die Überzeugung P.W.‘s, „die Errichtung einer unabhängigen künstlerischen Region“ sei „nicht mehr möglich“, wird von Lengerer auf ihre Aktualität befragt. Als Probe aufs Exempel will Proben zu P.W. die Form und Ästhetik gesellschaftlicher (Nicht-)Verhandlungen, die dieses Theaterstück ausgelöst hat, aufführen und lädt zur gemeinsamen Diskussion an diesem Abend ein. Der einfache Aufbau und das Übungshafte der Inszenierung sind Inspirationen aus den Lehrstücken Brechts, die Lengerer mit den Aufführungsmodi des dokumentarischen Theaters verbindet.

In der Ausstellung finden die Dokumente ebenso wie die während der Probe unter Einbeziehung des kollektiven Wissens und Live-Internetrecherchen entstehenden Fußnoten – die in der Ausstellung Scriptings #31 gezeigt werden – eine räumliche Übersetzung in den Mikroräumen und variablen Konstellationen der Architektur-Skulptur von Luis Berríos-Negrón. Ähnlich wie bei der öffentlichen Probe, ist auch es hier an den Besucher*innen, sich durch die Lektüre Zusammenhänge zu erschließen, eigenes Wissen zu ergänzen und die Skripte zu einem jeweils individuellen Stück zu verketten.

Achim Lengerer lebt als Künstler in Berlin und London. Seit 2009 betreibt er den mobilen Ausstellungsraum und Verlag Scriptings, der, ergänzend und parallel zu Lengerers Solo-Projekten, eine diskursive Plattform bietet. Künstler*innen, Autor*innen, Grafikdesigner*innen, Performer*innen ebenso wie Verleger*innen werden zur Teilnahme eingeladen – all jene also, die sich in ihrem jeweiligen Produktionsprozess der Formate „Skript” und „Text” bedienen. Lengerer arbeitet derzeit an einem PhD-Projekt am Goldsmiths College/University of London zum Verhältnis von Stimme, Notation und Live-Performance.

www.scriptings.net